Bedauernswerte Frauen
Ein Buch über das menschliche Begehren sollte es werden, schreibt die Autorin im Vorwort, dann, im Laufe ihrer Reisen und Recherchen beschränkte sie sich auf das weibliche Begehren und am Ende sind es die Geschichten von drei Frauen geworden, deren „Begehren“ in abwechselnden Kapiteln erzählt wird. Eigentlich sind es vier Frauen, denn im Vorwort geht es lange auch um die Mutter der Autorin, deren Männer, die vor dem Vater und auch nebenbei. Es ist ein bisschen schade, dass wir von dieser Frau nicht mehr erfahren, außer noch ein paar Szenen im Nachwort.
Drei Frauen, drei Geschichten
Was nicht heißen soll, dass die anderen drei Geschichten – wahre Geschichten, so versichert die Autorin – nicht interessant sind. Denn das sind sie. Da ist Sloane, eine attraktive Restaurantbesitzerin, die ihren Partner gerne zuschauen lässt, wenn sie Sex mit einem anderen, von ihm ausgesuchten Mann hat. Bis dessen Frau dahinter kommt.
Da ist Maggie, Tochter alkoholkranker Eltern, die als Schülerin von ihrem Lehrer umworben wurde, ihn für die Liebe ihres Lebens hält und nicht verwinden kann, dass er sich irgendwann wieder seiner Frau und den Kindern zuwendet, und ihn „deswegen“ verklagt auf Missbrauch Schutzbefohlener.
Da ist Lina, Hausfrau und Mutter zweier Kinder, die eine Affäre mit ihre Jugendliebe Aidan hat. Jener Aidan, der sie damals verlassen hat, nachdem sie auf einer Feier betrunken gemacht und von drei jungen Männern nacheinander vergewaltigt worden ist und es hieß, sie hätte es in einer Nacht gleich mit drei Typen getrieben.
Je mehr man über diese drei Frauen erfährt, desto weniger hat man den Eindruck, dass es um ihr Begehren ginge in diesem Buch; schon gar nicht um das Begehren von Frauen allgemein. Sondern um großes Leid. Alle drei haben schlimme Erfahrungen in ihrer Vergangenheit gemacht, alle drei sind heute psychisch krank. Maggie und Lina nehmen Antidepressiva, Angstlöser und Stimmungsaufheller; Sloane ist zwar kontrolliert, aber chronisch bulimiekrank. Lina schämt sich für das Gerücht, sie hätte drei Männer in einer Nacht gehabt – als wäre es etwas, wofür sich eine Frau schämen sollte, wenn sie drei Männer in einer Nacht begehrt. Statt das Verbrechen, dass diese Männer an ihr begangen haben, anzuzeigen. Und den Mann, der sie deshalb hat fallen lassen, mit einem Fußtritt aus ihrem Leben zu befördern. Insgesamt wirkt das Begehren dieser drei Frauen eher wie Bedürftigkeit und verklemmte Kompensation von allem möglichen, was in ihrem Leben nicht glatt gelaufen ist.
Sex ist eher leid- als lustvoll
Wenn und wo und wie sie ihr „Begehren“ ausleben, wirkt es wenig genießerisch und begehrlich. Die Sexszenen in diesem Buch lesen sich eher leidvoll und beklemmend, selbst wenn die Frauen dabei erotischen Genuss und Befriedigung erleben.
Fazit
Begehren klingt nach Lust und Freiheit, was die Frauen in diesem Buch erleben ist aber eher Leid und Bedürftigkeit. Ein Buch, das beim Lesen traurig macht darüber, wie unterdrückt und moralisch gegängelt Frauen auch heute wohl noch vielfach lieben und Sex haben – und ärgerlich, weil es als normal und typisch für Frauen hingestellt und nicht hinterfragt und beklagt wird. Sehr interessant, das absolut. Aber kein Lesegenuss im eigentlichen Sinne. Erotisch gesehen schon mal gar nicht.
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